Sammlung Rudolf Köditz |
Bedburg, 30.01.2011 |
Im Frühjahr 2007 lernte ich über eine gemeinsame Bekannte Herrn Rudolf Köditz aus Eschweiler kennen. Nach mehrmaligen Besuchen und der Besichtigung seiner Mineralien- und Fossiliensammlung habe ich mich entschlossen, diesem außergewöhnlichem Sammler eine Seite auf meiner Homepage zu widmen.
Als Erstes, sei es am Telefon oder bei einem persönlichem Treffen, erstaunt jeden Besucher, dass dieser Mann älter als „Mitte/Ende 70“ sein soll. Seine offene, quirlige, humorvolle und unverblümte Art lässt einen sofort erahnen, dass jahrzehntelange geistige Tätigkeit und unstillbarer Wissensdurst diesen Menschen jung gehalten haben. Das darf man sicher vermuten, da H. Köditz inzwischen über 90 Jahre alt ist und seit immerhin mehr als 80 Jahren Fossilien, Gesteine und Mineralien sammelt.
Im Internet surfen oder eine CD-brennen? Für Herrn Köditz kein Problem! Hat er das doch schon mit 85 Jahren gelernt; „auf Wunsch meines Enkels“, wie er stolz versichert.
In der Wohnung des Ehepaares Köditz fällt neben den geologischen Hobbys sofort auf, dass ein weiteres Interessensgebiet die Bergbaugeschichte des Erzgebirges ist und die Beiden nach wie vor tief in ihrer ostdeutschen Heimat verwurzelt sind. Eine große Anzahl erzgebirgischer Schnitzereien, uralter Reifentiere, seltener Bergbauerinnerungsstücke, sowie eine großartige Seifener Bergparade zeugen davon.
Rudolf Köditz ist selbst ein ausgezeichneter Bastler, wie folgende Raritäten belegen:
Ein nur 12mm großer Nussknacker, selbstverständlich mit voll beweglichem Nussknackmechanismus,
eine Grubeneinfahrt „en Miniture“ in einer Schnapsflasche
eine Krippe aus Fossilien des Eifeldevons, mit einem ca. 1,5 cm großen Jesuskind
alles Dinge, die er mit großem Geschick und Liebe für´s Detail geschaffen hat.
Seine Aktivitäten waren für mich als Fossiliensammler vor allem deshalb von großem Interesse, da er 1976 im Tagebau Zukunft West in einer Tonlinse im sog. Neurather Sand (mittl. Miozän), einen fossilen, barschartigen Fisch gefunden hatte. In der damaligen Werkszeitschrift "Revier und Werk" der Rheinbraun AG wurde dieser Fund einer breiten Öffentlichkeit zu Recht als paläontologische Sensation vorgestellt. Fossile Fische waren und sind in der Braunkohlentagebauen der RWE Power AG eine absolute Seltenheit, da Knochenmaterial während und nach der Entstehung der Braunkohle durch huminsäurereiche Wässer stets fast vollständig aufgelöst wurde. Nach der anfänglichen Euphorie über diesen Fund wurde es in den Folgejahren allerdings deutlich ruhiger um das seltene Exponat und es ruhte einige Jahre im Informationszentrum der Rheinbraun AG. Dorthin hatte Herr Köditz den Fisch ausgeliehen, da er in einer Vitrine gezeigt werden sollte, wozu es aber nie kam. Seit Februar 1983, nach der Ausstellung „Evolutie van Beenvissen“ beim „Rijks Geologische Dienst“ in Heerlen NL, wurde der Fund dann wieder in der Privatsammlung von Rudolf Köditz aufbewahrt und war somit nur „eingeweihten“ und wirklich Interessierten zugänglich.
Nach mehreren Treffen und eifrigem Erfahrungsaustausch erklärte sich Herr Köditz damit einverstanden, mir den Fisch für meine Fossiliensammlung zu überlassen, wofür ich mich hiermit noch einmal ausdrücklich bedanke! Wie unter Fossiliensammlern üblich ging das Stück im März 2007 im Tausch und gegen „schriftliche Bestätigung“ in mein Eigentum über. Gleichzeitig habe ich ihm angeboten, das Fossil in der Vitrine im Foyer des Tagebaus Garzweiler auszustellen, um es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Da mich die Besuche bei Rudolf Köditz nachhaltig beeindruckt haben, reifte der Gedanke, seine langjährigen Sammlertätigkeit auf diesem Wege einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen.
Einerseits beschäftigte sich Herr Köditz schon zu einer Zeit mit Fossilien, als es ihm wirtschaftlich sicher noch nicht ganz so gut ging, andererseits schlägt bei ihm auch das Erbe der ostdeutschen Kriegsgeneration „was hat man damals alles entbehren müssen“ durch. Das zeigt sich gerade auf dem Gebiet seiner Fossiliensammlung insbesondere in seinem, im besten Sinne des Wortes, altmodischen Sammlungsbehältnissen und Ordnungssystemen.
Fertige Sammlungssysteme? Spezielle Plastikschachteln? Gekaufte Etiketten? Industriell gefertigte Frankezellen? Plummerzellen aus dem Zubehörhandel? Professionelle Siebe für Mikrofossilien? - Fehlanzeige auf breiter Front!
Alle diese, für den engagierten Sammler notwendigen Dinge gibt es im Hause Köditz ausschließlich aus eigener Herstellung.
Da wurden aus alten Waschmittelpackungen und div. Kartonagen hunderte Schachteln, passgenau für die darin verwahrten Fossilien gebastelt. Die kleinsten davon sind Behältnisse in der Größe 10 x 10 mm mit drei mm hohem Rand. Diese sind exakt zu 2-4 Stück in die nächst größere Sammelschachtel eingepasst.
Frankezellen aus Pertinax und Holz gesägt, mit handgefräster Vertiefung und einer antistatischen Abdeckung aus Celophanpapier. Unnötig zu erwähnen, dass dabei das Normmaß 76 x 26 mm selbstverständlich eingehalten wurde. Plummerzellen aus Aluminiumprofil gebogen und mit Glasschiebedeckel versehen. Selbstverständlich incl. der durchlaufenden Nummerierung der einzelnen Quadrate in Schriftgröße 1,5mm.
Rudolf Köditz befasste sich bereits mit Mikrofossilien, als das Wort wahrscheinlich noch nicht oder so gerade erfunden war. Mikrofossilien müssen bekanntlich ausgeschlämmt werden, um sie in verschiedenen Fraktionen aussieben zu können. Entsprechende Siebe für diese Arbeit wurden im Hause Köditz natürlich selber hergestellt.
Herr Köditz kurbelt sein Polyphon an, legt eine seiner Lieblingsmessingscheiben auf und erzählt. Erzählt, wie er die unterschiedlichen Siebgrößen in Plastikbecher eingeklebt hat, Orangennetzbeutel als gröbste Fraktion und dann immer feiner abgestuft. Bis hinunter zu 0,1 (in Worten nullkommaeins) mm. Weiß jemand eine Quelle für Siebe mit 0,1mm Maschenweite? H. Köditz hat sich dieses spezielle Format vor ewigen Zeiten in der Dürener Papierfabrik besorgt!
Der Erfindungsreichtum und der Wissensdurst dieses Menschen sind beachtlich! Oder kennt man sonst noch jemanden, der CD-Hüllen aus illustriertem Papier selber zusammenklebt? Jemanden, der Eierbrikett durchgesägt und angeschliffen hat um sich mit ihrem inneren Aufbau vertraut zu machen? Irgendwen, der seit über 80 Jahren seinen „Fossilium Catalogus“ nach Nummern, nach Fundorten, nach Fossilnamen und Erdzeitaltern incl. aller Querverweise führt? Muss ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass diese Karteien ausnahmslos handgeschrieben und zu selbstgebundenen Heften zusammengestellt sind?
Beeindruckend! Alles zutiefst beeindruckend, museumswürdig und bewahrenswert!
Dem geneigten Leser sei mit den folgenden Fotos ein kleiner Einblick in die Köditzsche Sammel- und Bastelleidenschaft gewährt.
Im Sommer 2010 ist Rudolf Köditz im Alter von 91 Jahren verstorben.
Seine Sammlung ist, auf seinen persönlichen Wunsch hin, in mein Eigentum übergegangen. Seine Kinder teilten mir dieses mit und nachfolgend sehen Sie einige seiner Funde aus den Tagebauen im Rheinischen Braunkohlenrevier.
SAMMLUNG R. Köditz
Sammlung Rudolf Köditz |
Bedburg, 30.11.2011 |